24.9.17

Zum Zusammenhang von Duzen und Rechtschreibung

Wolfgang Steinig beschreibt in "Grundschulkulturen" unterschiedliche Lernkulturen. Die informelle orientiert sich stärker an den Bedürfnissen des Kindes, die formelle dagegen stärker an den Anforderungen der Gesellschaft. Auf die Rechtschreibung wirkt sich das insofern aus, als in der informellen Kultur die Rechtschreibung nicht von Anfang an gepflegt wird (man schreibt, wie man spricht), während sie in der formellen von Anfang an eine größere Rolle spielt.
Bemerkenswert ist dabei vor allem, dass Kinder aus den so genannten bildungsnahen Elternhäusern mit der informellen Schulkultur sehr gut zurechtkommen, während die mit "bildungsfernem" Hintergrund größere Schwierigkeiten haben, einmal entstandene Defizite aufzuholen.
Das liegt nicht nur daran, dass deren Eltern weniger Hilfestellungen geben können, sondern auch daran, dass sie keinen Nachhilfeunterricht finanzieren können oder wollen. 

In der informellen Kultur duzen die Kinder die Lehrer länger, in der formellen werden sie früher zum Siezen angehalten. Beim Duzen spricht man lockerer und unbekümmerter, beim Siezen achtet man mehr auf formale Korrektheit. Das bedeutet dann auch, dass man sich mehr an der Schriftsprache orientiert - eine Hilfe beim Übergang zum Schreiben. 

So gesehen könnte die informelle Kultur für den in Deutschland besonders auffälligen Abstand zwischen den besten und den schlechtesten Leistungen mitverantwortlich sein.

Ich selbst habe bei einem Unterrichtsbesuch in einer 2. Grundschulklasse, in der beim Aufsatz keinerlei Wert auf Rechtschreibung gelegt wurde, ein Heft gesehen, in dem ich keinen einzigen Rechtschreibfehler entdecken konnte. Das konnte nicht dem Unterricht zuzuschreiben sein, sondern da musste es eine zusätzliche Unterstützung gegeben haben. 
Denn Kinder mit einem großen Wortschatz kommen öfter in die Situation Wörter zu verwenden, die nur selten oder gar nicht gelesen haben. 
Wenn eine Lernkultur dazu beiträgt, Kinder mit schlechteren Lernvoraussetzungen zusätzlich zu benachteiligen, gibt es gute Gründe, neue Wege zu suchen.

23.9.17

Wird auch im Internet weniger gelesen?

Sandra Kegel konstatiert in der FAZ:

"Jedenfalls lässt sich feststellen, dass es kaum noch Bücher gibt, die das ganze Land beschäftigen. Der intellektuelle Resonanzraum schrumpft stetig – und weicht dem Raum für Events. Statt selbst zu lesen, besucht das Publikum lieber spaßige Veranstaltungen in Literaturhäusern oder bei Lesefesten, die längst nicht mehr nur in Großstädten ausgerichtet werden. Damit ist die Literatur im Unterhaltungssegment angekommen, wo sie mit Comedy-Auftritten, Zaubershows und Facebook konkurriert." (Ist das Buch am Ende? faz.net 20.9.17)

In meiner Umgebung wird weniger ferngesehen als Youtube angeschaut. Immer häufiger werden mir statt Leseempfehlungen Hinweise gegeben, ich solle mir eine Sendung ansehen.

Ich lese weit lieber in einem Buch als am Bildschirm, zumal ich ständig am Bildschirm lese. Aber statt dessen unausgereifte Formulierungen anhören, die ich nicht mit copy&paste speichern und verarbeiten kann, will ich eigentlich nicht. Aber ich beobachte an mir selbst, dass ich nach einem gewissen Lesepensum stark ermüde. 
Wird Youtube die Zeitung der Zukunft?

8.9.17

Klare Signale als Voraussetzung für Verhaltenssicherheit

Mit Rollenspielen zu einer klaren Körpersprache

Podcast mp3

Manuskript  pdf

Wenn ich sehe, wie Lehrer, die Schauspielerfahrung haben, zugleich beliebt und strikt sein können (natürlich nicht nur die), dann denke ich mir, so ein Training hätte mir und meinen Schülern geholfen.
Freilich, es darf nicht unter Erfolgszwang geübt und nicht nach einem Modul abgeprüft werden. Dann könnte es zu leicht auf Überforderung hinauslaufen. Aber Selbsterfahrung und Training in diesem Bereich dürften der Mehrzahl der LehrerInnen mehr bringen als so manches Modul.

Und Schüler brauchen heute offenbar noch mehr als früher klare Signale, um im vielfältigen Informations- und Kommunikationsangebot nicht unterzugehen.

Noch wichtiger ist freilich, dass die Lehrerschaft einer Schule ein Team bildet und eine Schulgemeinschaft aufbaut. (sieh: Hauptschulblues hier, hier und hier)