27.3.13

Vergiss mein nicht

Bewegend die Szene, wo die 96-jährige Mutter des Mannes (Malte Sieveking) nachfragt, wie alt seine Frau Gretel ist. Als sie erfährt, dass sie 73 Jahre alt ist, meint sie: "Aber das kann mein Sohn doch nicht machen, ihr könnt ihn doch nicht so verbrauchen."

Dabei spielt gewiss eine Rolle, dass sie im Heim ist und er sie seltener besucht, weil er sich ständig um seine Frau kümmern muss. Sicher spielen dabei die Jahrzehnte (zwei oder gar fünf?) eine Rolle, wo sie sich mit Kontaktwünschen zurückgehalten hat, um ihrem Sohn, dem Mathematikprofessor, Zeit für seine Arbeit und die notwendige Erholung zu lassen. Gewiss ist sie eifersüchtig auf ihre Schwiegertochter, die so viel Zuwendung erfährt und sie doch gar nicht richtig nutzen kann, weil sie schon im nächsten Moment vergessen hat, dass sie sie erfahren hat. Und sie, die Mutter, die doch Jahrzehnte so für ihren Sohn da war, wird von ihm so vernachlässigt.
Aber sicher spielt auch hinein, dass sie sieht, wie fordernd die Arbeit in der Altenpflege ist, und dass sie es bedauert, dass sie anderen so viel Arbeit macht, weil sie nicht mehr zureichend für sich selbst sorgen kann.
Und dann die Vorstellung, der geliebte Sohn, dessen Wohlergehen ihr seit seiner Geburt so wichtig war, könnte vom Status des angesehenen Professors, der endlich Zeit hat, seinen eigenen Interessen nachzugehen, in den Status eines Vollzeit-Altenpflegers zurückfallen und diese Tätigkeit mit schwindenden Kräften immer weiter ausüben müssen, bis er selbst pflegebedürftig wird.

Bewegend aber auch die strahlende Dankbarkeit der Frau, wenn sie wahrnimmt, dass sie anderen so wichtig ist, dass sie sich die Mühe machen, genau das für sie zu tun, was sie gerade haben will.

Aus einem meiner früheren Artikel möchte ich hier noch anführen:
Tiere sind weit besser darin, Menschen zu verstehen, die sich nicht erklären können. Nicht selten finden auch Kinder zu solchen Menschen einen leichteren Zugang als Erwachsene, aber ganz unabhängig von sinnwidriger sprachlicher Kombination sind Tiere am besten geeignet. 
Wegen diesen unmittelbaren Zugangs zur Psyche des Menschen sind Tiere besonders für alte und junge Menschen so wichtig.

http://vergissmeinnicht-film.de/
http://www.spiegel.de/kultur/kino/dokumentarfilm-vergiss-mein-nicht-von-david-sieveking-a-880585.html
http://www.sueddeutsche.de/kultur/vergiss-mein-nicht-im-kino-vorgefuehrt-im-verfall-1.1592413

24.3.13

ZUM-Wiki-Seminar 2013 - Treffen der Wiki-Family


Das Protokoll des Seminars ist schon kollaborativ getwittert und auf Etherpad geschrieben worden und wird recht bald hier verlinkt werden. Das enthebt mich der Aufgabe, die Ergebnisse der Tagung zu schildern.

Dafür sind in dem ersten Satz schon wichtige Charakteristika des Seminars angedeutet worden: kollaborative Leitung durch die Vorstandsmitglieder, die sich wie selbstverständlich ablösten, Kollaboration der Tagungsteilnehmer einforderten und erhielten, und das Interesse an ergänzenden Kommunikationsplattformen, die das Wiki ergänzen können und sollen. Das Etherpad ist schon genannt, Moodle ist hinzuzufügen (ja, Wikifans sehen den Nutzen von Moodle ein, z.B. für Fortbildungen in der Arbeit mit Wikis). Aber auch Padlet und Easychalk wurden genannt. Mir persönlich half der Hinweis auf NVU, einen Freeware-HTML-Editor, nach dem ich schon lange gesucht hatte.
Bedurfte es da überhaupt auch noch eines abendlichen Mainspaziergangs zur Bewunderung der angestrahlten Brücken und Banken und des Kaíserdoms, bedurftes es Sachsenhäuser Äppelwoi und "Esperanza"-Weines und eines großmächtigen Globus' im Haus der Jugend?
Am Schluss ging noch ein Blitzlichtgewitter über Klaus' Startseiten-Layout und über die Tagung nieder, doch
mein Glück war erst vollkommen, als auch der letztens schmerzlich vermisste Achim und idea-sketch ihr verdientes Lob erhielten.


Nachtrag:
Weit ausführlicher, als es im Protokoll möglich sein wird, hat Aschmidt von Wikiversity im Wikipedia-Kurierüber die Diskussion über Wikiversity und ZUM-Wiki, die am Sonnabend stattfand, berichtet. Deshalb verlinke ich sie hier.




18.3.13

Blogparade: Worauf kommt es beim Lernen an? (3)


 ruft zu einer Blogparade auf, darüber zu schreiben, wie einzelne Kompetenzen erworben wurden.
Prompt meldet sich Odysseus Frau, die neben dem Weben auch noch Tabellenkalkulation gelernt hat.

Horst Sievert schreibt über die Erlernung der Bedienung seines Fernsehers und wendet sich gegen Schitt-für-Schritt-Anleitungen. - Interessant ist auch Diskussion zu seinem Beitrag. Sie läuft sehr ähnlich wie meine Diskussion zu dem anregenden Beitrag von
Jan-Martin Klinge Mathematik ist wie dieses Bild (seit 2010 gab es 245 Kommentare)
Das Entscheidende ist in der Tat, dass man seinen eigenen Weg findet. Und "So musst du es machen!" ist die erfolgreichste Methode, das Verständnis zu verhindern. Darin stimme ich ihm unbedingt zu. Wenn er Zeit und Anstrengung als die besten Lernhilfen bezeichnet, so ist das zwar sehr anregend, aber ...
Weshalb ich es für falsch halte, brauche ich hier nicht zu sagen, das habe ich schon dort getan.
Vielleicht sollte ich hier das Lob versteckter Lernhilfen singen, wie sie im ZUM-Wiki oft eingesetzt werden.

Ganz allgemein fragt
Georg Rückriem: Lernen ohne Pflichtschule – Ist das überhaupt möglich?


Außerdem möchte ich auf zwei Berichte über die Arbeit im Fach Geschichte mit online Unterrichtsmaterialien aufmerksam machen:

Ein kurzer Erfahrungsbericht von Currlin (Geschichtszentrum) über eine Enttäuschung.

Derselbe über die Notwendigkeit der Steuerung der Schüler angesichts des umfassenden Stoffes (unter: Geschichtszentrum 1. Steuerung des Schülers) und den Umfang der Selbststeuerung der Schüler (unter 2. Der selbstständige Schüler und - skeptischer - hier, dort finden sich auch wichtige Hinweise in den Kommentaren.)
Zur Rolle des Lehrers sagt Currlin u.a.:
"aber für das Verständnis historischer Zusammenhänge und für den systematischen Aufbau von Begriffen bedarf der Schüler der Hilfe des Lehrers, der ihn intellektuell anleiten muss, das sage ich in aller Deutlichkeit. Ein Lösungspapier greift da zu kurz. Diese intellektuelle Führung geht auch nicht so, dass man die Sachlage jedem von 25 oder 30 Schülern jedesmal einzeln erklärt, sondern das muss aus Zeit- und Effizienzgründen in einer Plenumsphase geschehen, und die macht oft weniger Spaß, weil hier wirklich konzentriert gearbeitet werden muss, und das ziemlich lange am Stück, oft eine Stunde lang. Je länger die Selbstarbeitsphase des Schülers, desto länger die Plenumsphase."

Historisch denken | Geschichte machen (segu - sieh: segu-Plattform) ist in seiner Positionsbestimmung hinsichtlich der Möglichkeit der Selbtststeuerung der Schüler deutlich optimistischer. Freilich bleibt es bei allgemeineren Überlegungen, es geht nicht um konkrete Einzelerfahrungen.

Zusatz vom 24.3.:
Folgendes parke ich erst einmal hier.
Geschichtszentrum schreibt zur Verwendung von Smartphones im Unterricht (24.3.)
Die neue Generation der Lehrkräfte unterscheidet sich dadurch wenig von der Generation, die nun die Schule verlässt.Das wiederum heißt, dass sich die Verhältnisse in den nächsten 20 oder 30 Jahren höchst zögerlich verändern werden, wenn überhaupt. Natürlich würde ich mich freuen, wenn es anders wäre, aber bis sich Mentalitäten wandeln, braucht es viel Zeit.
3.Andererseits besteht in meiner Abschlussklasse 12, in der ich mich erkundigt habe, eine hundertprozentige Abdeckung mit Smartphones. Das traditionelle Telefon- Handy gibt es auch im Laden kaum noch. Die technischen Möglichkeiten sind also da, aber statt sie zu nutzen, gibt es im Gegenteil wie wohl an fast allen Schulen, so vermute ich, ein Handy- Verbot. Dafür gibt es Gründe, aber im Effekt ist 1:1 Computing mit eigenen Geräten auf diese Weise praktisch nicht möglich. Deshalb wächst die Kluft zwischen technischen Möglichkeiten und schulischem Einsatz dieser Technik weiter."


13.3.13

Blogparade: Worauf kommt es beim Lernen an? (2)

Mein Beitrag vom 27.1. Blogparade: Worauf kommt es beim Lernen an? wird gegenwärtig zwar noch häufig gelesen, aber er ist mir zu unübersichtlich geworden.

Deshalb beginne ich hier eine neue Liste mit Beiträgen zu dem Thema:

Herr Rau: Bessere Lehrer mit der dazugehörigen Diskussion. (13.3.13)

Höchste Zeit, auch C.Spannagels Beitrag "Muss man eigentlich nix mehr wissen?" anzufügen.
Er ist zwar schon vom 10.3.;
aber auch die neueren Kommentare enthalten viel Wissenswertes.
So auch den Link zu "Offene Bildung und offenes Lernen – mehr als nur eine Alternative für E-Learning" (pdf) von Markus Deimann.
Vom 15.3. hebe ich den Diskussionsbeitrag von Martin Ebel hervor.
Dort geht es gewiss noch weiter. Zum Beispiel mit meinem Kommentar vom 17.3.
Inzwischen hat C.Spannagel die Orte, wo sein Beitrag und die darauf folgenden Beiträge diskutiert werden,
zusammengefasst.
Hier füge ich mutig ein Zitat aus einem noch recht unbekannten Gedicht (nicht von mir) als Ergänzung an:

vielleicht
sind wir geschaffen
zum Träumen.
Und Realität
- eine Fiktion,
die je anders aussieht -
resultiert nur
aus dem Mangel
an Träumen.

Anders gesagt: Ist nicht eine ganz wichtige Funktion von Lehren und Lernen, dass mehr Menschen lernen, wieder zu träumen und wie Hessel, sich darüber zu empören, wenn Träume nicht wahr werden?
Und braucht man nicht, wenn man - aus welchen Gründen auch immer - isoliert ist, Literatur, Kunst, Musik, um die Einsamkeit ertragen zu können? 

11.3.13

Meine Erfahrungen mit Lehren und Lernen III

Beruflich habe ich Deutsch bis zu meinem Wechsel an die Europäische Schule 1979 immer nur als Muttersprache unterrichtet. Dann folgten neun Jahre Erfahrung mit Deutsch als Fremdsprache und nach meiner Rückkehr der erste Privatunterricht in Deutsch als Fremdsprache, wie oben berichtet.

Privatunterricht in Deutsch als Muttersprache habe ich lange allenfalls als Nachhilfeunterricht gegeben (und dabei als Referndar erste Erfahrungen im Unterricht von Legasthenikern gemacht).
Deutsch als Muttersprache für Erwachsene erwies sich als relativ ähnlich wie Deutsch als Fremdsprache.
Fruchtbar war es vor allem, wo ich mich ganz auf die Bedürfnisse der einzelnen einstellen und die Zielvorgabe weitestgehend von ihnen bestimmen lassen konnte. (Das Gegenteil zum Nachhilfeunterricht, wo die Lernziele einseitig von dem Unterricht, der begleitet wurde, vorgegeben waren.)

Bei verschiedenen kleineren Projekten, wo andere Sachgebiete behandelt wurden als Deutsch, habe ich mich weniger an Zielvorgaben der Lernenden halten können, weil sie die Sachgebiete zu wenig kannten, um zu erkennen, wo für sie Lernzuwachs am wichtigsten war. Doch auch hier kam ich am ehesten zum Erfolg, wenn ich zunächst den Kenntnisstand evaluieren und dann den Unterricht daran orientieren konnte. Das ist eine Banalität, aber es erklärt mir, weshalb mich diese Arbeit meist besser motivierte als die mit großen Gruppen.

Wenn die Gruppe eine hohe Motivation mitbringt oder wenn der Lehrende - aus welchen Gründen auch immer - sie zu erzeugen vermag, dann funktioniert auch ein Unterricht, bei dem die Lernenden sich nicht eigenverantwortlich steuern können und der sich nicht streng an den Einzelbedürfnissen orientiert.

Die eigenverantwortliche Steuerung setzt ihrerseits aber nicht nur allgemeine Fähigkeiten, sondern auch erhebliche Vorkenntnisse voraus.* Darin folge ich Christian Spannagels Überlegungen in: Muss man eigentlich nix mehr wissen? (vgl. auch die dortige Diskussion). Einmal mehr ein Anlass für mich, ihm für seine anregenden Beiträge zu danken (gelobt werden will er ja nicht).
Im Zusammenhang mit dieser Diskussion hier eine Kurzinformation zu Wissensmanagement mit weiterführenden Links sowie eine Kurzerläuterung zum in der Informatik gebräuchlichen Begriff Chunk.
* Sonst muss ein Lernerleichterer gezielt dies Wissen beisteuern.

 Bei den folgenden Selbstlernplattformen für Schüler sind gezielt Lernhilfen für die entsprechende Altersstufe beigegeben: Mauswiesel (Grundschule) Select (Sekundarstufe I und II), Lernmodule, aber natürlich können sie nur für sehr eingeschränkte Fragenkomplexe Lernmaterial anbieten: Schulstoff eben und auch davon nur ein sehr kleiner Teil. Natürlich hat das mit selbständigem Lernen mit Hilfe des Internets so gut wie nichts zu tun.

Meine Erfahrungen mit Lehren und Lernen II

Meine Kommunikation und die Berichte über meine Aktivitäten  im pädagogischen Feld habe ich in letzter Zeit weitgehend aus diesem Blog heraus verlagert. Damit es hier aber nicht gar zu langweilig wird und zur leichteren Zugänglichkeit für mich selbst, will ich aber wieder etwas mehr hieherziehen.
Zum einen den Hinweis auf meine Teilnahme am hessischen Landtagsprojekt der Wikipedia mit dem dortigen Gummibärchen, dann meine online Stippvisite bei Geschichte Lernen digital am 8.3., und schließlich will ich für die, die die Fortsetzung meines Berichts zu Erfahrungen mit Lehren und Lernen noch nicht gelesen haben, ihn auch hier vorstellen und bei der Gelegenheit auch ergänzen. (z.B. u dem afrikanisch-deutschen Blog "Nachbarschaft", s.u.)
Der Abschluss des Berichts soll dann in einem kommenden Beitrag erfolgen.

Erfahrungen mit Lehren und Lernen II
In meiner Referendarzeit hatten wir einen Fachleiter, der seine Stunden so hielt: Er trat in die Klasse, fragte "Wo waren wir das letzte Mal?" und von da an sprachen nur noch die Schüler. Jedenfalls war das in seinen Vorführstunden für Referendare so. Dieser Idealform des Mottos unserer Ausbilder "Mehr strukturieren, weniger eingreifen!" entsprach mein Unterricht nur im absoluten Ausnahmefall. Im Normalfall machte die Strukturierung immer wieder ein Eingreifen erforderlich. Ohne moderierendes Eingreifen verflachte das Gespräch. Heutige Talkshows erinnern mich immer wieder an den Alptraum solcher Stunden. Die Lösung des Problems schien Gruppenarbeit zu sein. Durch Materialvorgabe und klare Aufgabenstellung sollte die Strukturierung sichergestellt sein, das Eingreifen überflüssig. Das klappte mehr oder minder gut. Die Schwachstelle kam freilich bei dem Bericht der arbeitsteiligen Gruppen über ihre Ergebnisse. Jede Gruppe war darauf fixiert, in den Augen des Lehrers gut dazustehen, die Mitschüler waren unwichtig. Dementsprechend ließ die Motivation des Plenums rapide. Ganz andere Erfahrungen machte ich, wenn ich in der Oberstufe die Gestaltung der Stunden vollständig den Schülern übertrug. Hier gelang des öfteren Teamteaching recht vorbildlich. Doch das hing immer wieder vom Zusammenspiel der Lehrgruppe mit der Gesamtgruppe zusammen. Ein “Lerne freiwillig und mit Begeisterung, was die Schule von dir zu lernen verlangt” war mit dieser Methode jedenfalls ebenfalls nur im Ausnahmefall zu erreichen. Eigenverantwortliches Arbeiten anzuleiten gelang mir dagegen mit der von Heinz Klippert gelernten Methode des Gruppenpuzzles besser. (Dabei bereiten "Stammgruppen" ein Thema vor und setzen sich dann in "Expertengruppen" zusammen, in denen die Experten sich gegenseitig über das zuvor Erarbeitete berichten. Dabei gibt es methodische Varianten, die sich danach unterscheiden, welche Rolle der Arbeit mit der Gesamtgruppe zugemessen wird.) Jeder Pädagoge vermisst in meinem Bericht bis jetzt den Projektunterricht. Meine Erfahrung: Je größer das Projekt ist, desto mehr kommt es auf die Anpassung an die Gruppe und ihre Lernsituation an. Grundsätzlich ist es dabei leichter als bei Kursunterricht möglich, intrinsische Motivation zu wecken, aber im Rahmen eines stundenplangetakteten Unterrichts sind kann nicht gleichfalls in allen Fächern an größeren Projekten gearbeitet werden. Was hat sich aus meiner Sicht bewährt? Theaterstücke, Planspiele, die Erstellung von Büchern, Blogs, Wikiartikeln. Konkrete Projekte, die mir gefallen haben, sind z.B. im Deutschunterricht Klasse 5 - 7 Krabat, in der Oberstufe Romantische Schule. Gegenwärtig werbe ich für die Erstellung von "Miniwikipedias" für das behandelte Fachgebiet mit Stichworterklärungen auf Schülerniveau. Ein Beispiel dafür entsteht gerade im ZUM-Wiki (zu finden unter Historische Stichworte). Theoretisch ließen sich so in großem Stil copyrightfreie Unterrichtsmaterialien (OER) durch Schüler erstellen. Im ZUM-Wiki finden sich dafür viele Ansätze. Weshalb bisher mit dieser Methode keine kompletten Lehrwerke entstehen, wäre zu diskutieren. Offenkundig ist es nicht einfach, sie zu erstellen, es ist aber vielleicht auch nicht sinnvoll. Zu von Lehrern erstellten offenen Bildungsinhalten verweise ich auf die laufenden Diskussionen.

Jetzt aber zu meinen Erfahrungen mit eigenem Lernen und Einzelunterricht...
  •  Das Quadriga Funkkolleg habe ich in bester Erinnerung. Die Studienbriefe ließen sich wie Zeitung lesen, die Hausarbeiten wie Kreuzworträtsel lösen, beim Klausurenschreiben sah man, wer sonst dem Hobby frönte, und bei alledem wurde man über neuere Tendenzen auf Gebieten, die einen interessierten, durch informierte Überblicke auf dem Laufenden gehalten. Das Internet bietet zwar auch manches. Aber beim Vergleich der Mathematik- und Linguistikvorlesungen (diese nur als Beispiel) im Netz schneiden die damaligen Begleitbriefe eindeutig besser ab. (Die Sendungen und Begleitbücher waren demgegenüber zweite Wahl.) Ich kann mir mathematische und linguistische Gedankengänge schriftlich besser nachvollziehen als über das Hören. So verdienstvoll das Funkkolleg Medien, das ich gegenwärtig mitverfolge, ist, es ist nur zum Hören, und die schriftlichen Texte sind zu unübersichtlich. (Dazu, dass MOOCs auch Vorteile haben, weiter unten.)
  • Lehrerfortbildung: die war sehr unterschiedlich. Am meisten störte viele Kollegen, wenn Vorwissen erkundet wurde und dabei der Eindruck entstand, dass die Kursleiter weniger davon verstanden als man selbst. Das ging mir nicht oft so.
Fachinformationen waren meist willkommen. Außer der Gelegenheit, Kollegen von der Universität wieder zu treffen, schätzte ich besonders den Kurs "Literatur 1992", denn auf aktuellem Stand war meine Literaturkenntnis nur bei meinen Lieblingsschriftstellern. Thomas Bernhard und Ransmayr gehörten nicht dazu. Die Erarbeitung von Unterrichtsprojekten habe ich als zweischneidig erlebt. Die auf ein Projekt ausgerichtete Arbeit des Lehrgangs war zunächst motivierend. Wenn man danach - wie meistens - feststellte, dass das Erarbeitete selbst mit großer Anpassungsanstrengung nicht für den eigenen Unterricht taugte, stellte sich trotz der wiederholten Erfahrung immer wieder eine kleine Enttäuschung ein. Doch es gab auch - sehr seltene - Ausnahmen. Die Einführung in unvertraute Methoden erwies sich dagegen fast durchweg hilfreich. Ich nenne hier nur als Beispiel die Kurse von Heinz Klippert und Karl Johé.
  • Privatprojekte:
Wikis: ein umfangreiches Thema. Vom passiven Gebrauch (Links, die ich auf meine Homepageseiten einband) kam ich bald dazu, in der Wikipedia Artikel zu schreiben. Daher fühle ich mich weiter als Wikipedianer und arbeite weiter als Administrator des ZUM-Wikis (Fontane44, dort Beispiele meiner Arbeit), auch wenn die Möglichkeiten der Mitarbeit in der Wikipedia für mich abnehmen. Faszinierend ist dabei, dass man Projekte aufgreifen kann, die als einzelner anzugehen man sich nicht trauen würde (und Projektarbeit ist , wie gesagt, lehrreich). Und wenn man Jahre darauf auf die Zugriffszahlen schaut, freut's einen auch.
Wikisource:  Am meisten beeindruckt hat mich, wie gut mein Projekt der Entzifferung eines Augenzeugenberichts über Napoleons Russlandfeldzug vorankam, nachdem ich Unterstützung bei Wikepianern und Wikisourcemitarbeitern gefunden hatte. (vorher - nachher) Mein Dank gilt besonders Frank und Paulis, aber selbst der Versionsgeschichte ist nicht ohne weiteres zu entnehmen, wie viele anderen außerdem  beteiligt waren. Man müsste die Versionsgeschichten aller 185 Seiten durchgehen. Aus einem recht unvollständigen und fehlerhaften Entzifferungsversuch wurde eine Edition mit erläuternden Anmerkungen, die sich m.E. sehen lassen kann. Solch eine Edition wäre mir, aber auch keinem anderen von uns allein nicht möglich gewesen (bei Frank allerdings wohl nur aufgrund des Zeitmangels). Nebenbei erhielt ich Einblick in andere Editionsunternehmen wie besonders die Herausgabe aller unterschiedlichen Originalausgaben der Märchen der Brüder Grimm Literaturhinweise zum Russlandfeldzug, an die ich sonst nie gekommen wäre. Aber auch ganz private Projekte wie die  Verbesserung alter Kassettenaufnahmen kamen voran, weil ich über ZUM.de technisch Findigere als mich kennenlernte. UrheberrechtPhilosophie.

Blogs: Bei Wikis gerät man über die Arbeit an konkreten Projekten mehr oder minder intensiv in die Wiki-Gemeinschaft hinein. Innerhalb der Blogger Beziehungen aufzubauen, erfordert über die Arbeit an den einzelnen Blogartikeln auch konkrete Kotaktaufnahme mit anderen über Kommentare. Wenn man freilich in der Wikipedia auch nur kurz mit Benutzer: Jeanpol zusammen gearbeitet hat, ergibt sich die Einführung in die pädagogische Bloggerszene wie von selbst. Außer ihm nenne ich nur das Lehrerzimmer von Herrn Rau und den Lehrerfreund.
Der Sonderfall Nachbarschaft (ein afrikanisch-deutsches-Online-Magazin) ergab sich über einen lokalen Kontakt mit einer deutschen Studentin, die an einem internationalen afrikanischen schulorientierten Magazin mitarbeitete, das als Druckversion verbreitet wurde, bei dem die Zusammenarbeit der Redakteure aber über E-Mail lief. Mein Vorschlag, es auch ins Internet zu stellen, fand Anklang. Seit einiger Zeit werden fast nur Beiträge von deutschen Redaktionsmitgliedern eingestellt, da das gedruckte Schulmagazin wegen Krankheit und anderen Problemen der afrikanischen Redakteure gegenwärtig pausiert.

Soziale Medien: Twitter wird von mir vor allem zum Hinweis auf Internetaktivitäten von mir verwendet, aber auch für Hinweise auf Internetaufrufe von bekannten Nichtregierungsorganisationen wie z.B. z.B. Avaaz, Amnesty, Campact - Demokratie in Aktion und Rettet den Regenwald e.V. sowie für gelegentliche Diskussionen und zum Mitverfolgen von Internetkursen.
Damit wäre ich beim nächsten Thema:  MOOCs u.ä.  Darüber informiert mein Blog, der darauf spezialisiert ist.
Barcamps schätze ich seit meiner Telnahme am CorporateLearningCamp 2012.



  • Gruppenunterricht und Einzelunterricht: 
  • Deutsch als Fremdsprache Ich habe neun Jahre Unterrichtsgruppen in Deutsch als Fremdsprache an einer Europäischen Schule unterrichtet. Fremdsprachenlehrer werden zu recht feststellen, dass ich bei diesem learning by doing nicht viel Methodik gelernt habe; doch habe ich dabei dreierlei gewonnen:


    Erstens die Erfahrung, dass ab einem gewissen Niveau der Sprachbeherrschung des Schülers offenbar die Sprachkenntnis des Lehrers wichtiger wird als die Methode (sofern er nicht wichtige Regeln ganz außer Acht lässt).
    Zweitens den Mut, in Deutschland Sprachunterricht für Ausländer fortzusetzen.
    Drittens eine Kenntnis über gewisse Regelmäßigkeiten der deutschen Grammatik, die der Deutschkundige nicht wahrnimmt, weil er sie aufgrund ständiger Anwendung beherrscht, während deutschlernende Muttersprachler aufgrund einer rasanten Sprachentwicklung oft Schwierigkeiten bei der Anwendung der Fälle haben und zwar nicht nur, weil - angeblich - der "Dativ dem Genitiv sein Tod" ist, sondern, weil parallel immer häufiger der Genitiv gebraucht wird, wo der Dativ stehen müsste.

    Erfahrung mit privatem Deutschunterricht für Ausländer in Deutschland:
    Wenn in einer Unterrichtsgruppe die Deutschkenntnisse sich "nur" durch ein bis drei Jahre Deutschunterricht unterscheiden, kann man manches auszugleichen versuchen. Der Unterricht von Sprachlernanfängern und flüssig, aber unkorrekt Deusch Sprechenden sowie mehreren Sprachniveaus zwischen diesen Stufen hat mich aber überfordert. (Daher habe ich eine gewisse Skepsis gegenüber Inklusion, so wünschenswert die Verwirklichung dieses Konzepts aus anderen Gründen ist.) Da war ich froh, als ich bei Einzelunterricht mir die Lernziele von den SchülerInnen vorgeben lassen konnte. Das kann eine beglückende Erfahrung sein.

    Was noch aussteht: mein Bericht über privaten Unterricht in Deutsch als Muttersprache und andere Projekte, die sich nicht so leicht unter einer Überschrift zusammenfassen lassen.